Leitlinien für den sicheren und wirksamen Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft für den Pflanzenschutz
Mit Hilfe von „Fair Planet“ – Die nachstehenden Leitlinien werden vom Team von „Fair Planet“ mit den Landwirten geteilt.
Wie man Agrochemikalien sicher für sich und die Umwelt einsetzt
Der Pflanzenschutz ist nach wie vor in hohen Maßen von der Anwendung von Agrochemikalien wie Pestiziden abhängig. Diese werden entweder als individuelle Schädlingsbekämpfung oder als Teil eines integrierten Programms eingesetzt. Pestizide sind Agrochemikalien, die zur Bekämpfung unerwünschter Pflanzenschädlinge und -krankheiten eingesetzt werden.
Laut FAO betrug der gesamte Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft rund 4,2 Millionen Tonnen an Wirkstoffen im Jahr 2019, wobei durchschnittlich 2,7 kg Pestizide pro Hektar Anbaufläche eingesetzt wurden. Die nachfolgende Karte zeigt den Pestizideinsatz pro Anbaufläche.
Der exzessive Einsatz solcher Produkte kann in Verbindung mir ihrer (relevanten) Toxizität eine Gefahr für die Anwender, die Pflanzen selbst und die Umwelt darstellen. Daher ist es wichtig, beim Umgang mit Pestiziden einige Sicherheitstipps zu beachten.
Grundprinzipien für eine wirksame Anwendung von Chemikalien:
Wirkungsweise: Jede Chemikalie hat eine andere Wirkungsweise, die unterschiedliche Prozesse des Schädlings/der Krankheit angreift. Weitere Informationen über die Wirkungsweise verschiedener Wirkstoffe finden sich hier: https://irac-online.org/mode-of-action. Man sollte sich jedoch immer von Experten beraten lassen, um die wirksamste Wirkungsweise für einen bestimmten Schädling zu ermitteln.
Rotation zwischen Chemikalien: Es ist sehr wichtig, zwischen verschiedenen Chemikalien mit unterschiedlichen Wirkungsgraden zu wechseln. Bei der Verwendung von Chemikalien mit derselben Wirkungsweise zur Behandlung desselben Schädlings besteht ein hohes Risiko, dass sich eine Schädlingsresistenz entwickelt. Dadurch wird es zukünftig schwer oder sogar unmöglich den Schädling zu bekämpfen.
Es sollte beachtet werden, dass es in der Regel zahlreiche kommerzielle Produkte mit demselben Wirkstoff oder derselben Wirkungsweise gibt. Deswegen ist es sinnvoll Produkte (z.B. Pestizide) mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen zu verwenden. Es lohnt sich hier immer das Etikett des Produktes zu prüfen oder örtliche Experten zu fragen.
Die Wirkungsweise des benutzten Produktes kennen: Im Pflanzenschutz eingesetzte Chemikalien (Pestizide, Fungizide, Herbizide usw.) können eine Kontaktwirkung oder eine systemische Wirkung haben. Um den „Feind“ der Pflanze zu bekämpfen, ist es wichtig zu wissen, ob das verwendete Produkt eine systemische Wirkung hat oder nicht und wie lange es aktiv bleibt.
Es sollten nur lokal zugelassene Produkte, die für die betroffene Kultur geeignet sind, verwendet werden: Es ist wichtig, dass man nur lokal zugelassene Pestizide und Fungizide von zugelassenen Pestizidhändlern kauft. Zudem ist es ratsam sich zu vergewissern, dass das verwendete Produkt für den Schädling und die betroffene Kulturpflanze geeignet ist, sowie das Verfallsdatum nicht erreicht wurde. Große Mengen von Agrochemikalien sollten nicht lange gelagert werden.
Wie man Pflanzen besprüht: Alle Teile der Pflanze müssen mit dem Spray bedeckt sein, auch die unteren Teile und die Spitze der Pflanze.
Wiederholte Anwendungen pro Saison und Kultur: Auf dem Etikett der Chemikalie stehen wichtige Hinweise zur Verwendung. Sie sollte auf keinen Fall öfters als dort angegeben verwendet werden (in der Regel nicht mehr als 3-4 Mal). Die übermäßige Verwendung desselben Wirkstoffs kann dazu führen, dass die Schädlinge/die Krankheit eine Resistenz gegen die Chemikalie entwickelt.
Vorsichtsmaßnahmen und Sicherheitstipps bei der Anwendung für Agrochemikalien
Abgesehen von der Wirksamkeit beim Schutz der Ernte sollte ein Landwirt beim Umgang mit Agrochemikalien wie Pestiziden, Fungiziden und Herbiziden alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sich selbst, die Gemeinschaft und die Umwelt zu schützen.
Alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen müssen entsprechend dem Etikett der Chemikalie und den folgenden Anweisungen beachtet werden. Das Produktetikett gibt wichtige Hinweise über die Toxizität. Die Toxizität wird in Form einer Toxizitätsstufe (4 Stufen) angegeben:
- Gefährliches Gift – (extrem) hohe Toxizität (rotes Etikett)
- Giftig – Sehr giftig (gelbes Etikett)
- Gefahr – Mäßige Toxizität (blaues Etikett)
- Vorsicht – Geringe Toxizität (Grünes Etikett)
Der Grad der Toxizität bestimmt den Umfang der zu ergreifenden Schutzmaßnahmen. In jedem Fall empfehlen wir allen Landwirten, die unten aufgeführten Sicherheitsmaßnahmen zu befolgen:
- Die Person, die die Chemikalien ausbringt, muss beim Sprühen eine Maske, langärmelige Kleidung und feste Schuhe tragen. Die Hose darf nicht in hohe Stiefel gesteckt werden, da sonst die Chemikalie so zu den Füßen fließen und sich in den Stiefeln ansammeln kann.
- Die Erste-Hilfe-Anweisung sollte gelesen werden und die Anwendung sollte immer vorsichtig in einem gut belüfteten oder offenen Raum stattfinden.
- Beim Mischen von Flüssigkeiten sind Augen- und Handschutz erforderlich. Vor dem Ausziehen der Handschuhe sollten diese gewaschen werden, um eine mögliche Kontamination zu vermeiden. Beim Mischen von Pulvern ist es zudem ratsam, eine Staubmaske zu tragen.
- Nach jedem Kontakt mit Chemikalien müssen die Hände gewaschen werden.
- Bei Kontakt mit Chemikalien sollte es vermieden werden, die Augen zu berühren. Falls etwas ins Auge gelangt, muss dieses 5 Minuten lang unter fließendem Wasser gespült und ärztliche Hilfe angefordert werden. Falls man sich nach der Anwendung oder dem Umgang mit Agrochemikalien krank fühlt, muss sofort ein Arzt konsultiert werden.
- Essen und rauchen sind während der Arbeit mit Chemikalien verboten.
- Es sollten keine Chemikalien gemischt werden, bevor das Etikett und die Anweisungen in der Datenbank der Chemikalie studiert wurde.
- Die empfohlene Dosis an Agrochemikalien bei einem Einsatz sollte nicht überschritten, sowie unnötige Anwendungen vermieden werden. Übermäßiger Einsatz oder hohe Mengen an Agrochemikalien können unter anderem zu Phytotoxizität und Pflanzenschäden führen. Des Weiteren sind die natürlichen Feinde von Pflanzenschädlingen sowie die übrige Fauna schützenswert.
Wann sollen Pestizide ausgebracht werden?
Das Sprühen sollte in den frühen Morgenstunden oder am (späten) Nachmittag erfolgen. Bei starker Sonneneinstrahlung sollte das Sprühen vermieden werden, da die Pflanze sonst verbrennen kann (insbesondere bei ölhaltigen Materialien). Ebenso sollte nicht gesprüht werden, wenn Regen erwartet wird oder kurz nachdem es geregnet hat, da es passieren kann, dass die Feuchtigkeit auf den Pflanzen die Chemikalien abwaschen kann. Bei starkem Wind sollte ebenfalls auf das Sprühen von Agrochemikalien verzichtet werden, bei leichtem Wind ist es ratsam immer in Windrichtung zu sprühen und niemals entgegen. Bevorzugt sind bienenfreundliche Pestizide. Jedoch sollte selbst bei diesen versucht werden, sie aufzubringen, wenn die Bienen nicht aktiv sind (am späten Nachmittag). Das Sprühen in der Blütezeit sollte vermieden werden und es ist ratsam sich immer in Rücksprache mit den benachbarten Imkern zu halten. Ebenso sollte die Mindestdauer von der Anwendung der Chemikalie bis zu Ernte des Produktes eingehalten werden. Näheres dazu findet sich immer auf dem Etikett des jeweiligen Produkts.
Reinigung und Wartung
Sprühgeräte sind sehr teuer, empfindlich und sollten ordnungsgemäß behandelt werden. Nach jedem Einsatz müssen alle Teile gründlich mit sauberem Wasser abgespült werden, um eine Vermischung der Chemikalien zwischen den einzelnen Sprühvorgängen zu vermeiden. Wenn dasselbe Spritzgerät für verschiedene Herbizide verwendet wird, muss es vor der nächsten Anwendung gründlich gereinigt werden.
Agrochemikalien sollten in gut verschlossenen Verpackungen bei kühlen/gemäßigten Temperaturen in geschützten Bereichen, fern von Kindern und Tieren, und vor Sonne und Regen geschützt gelagert werden. Das Umfüllen von Chemikalien aus ihrer originalen Verpackung in eine andere sollte vermieden werden. Geräte und Verpackungen, die für das Lagern oder Sprühen von Chemikalien genutzt werden, sollten für nichts anderes verwendet werden. Überschüssige Agrochemikalien dürfen nicht im Waschbecken, in der Umwelt oder anderen Wasserquellen entsorgt werden. Bei Fragen zur Entsorgung kann man sich an die Umweltbehörde des jeweiligen Bundeslands oder an die zuständige Abfallbehörde wenden.
Für genauere Informationen kann man sich an die Autoren und an „Fair Planet“ wenden.
Über „Fair Planet“:
Fair planet ist eine gemeinnützige Entwicklungsorganisation, die mit Kleinbauern in Afrika zusammenarbeitet, um diese aus dem Kreislauf von extremer Armut und Ernährungsunsicherheit zu befreien. Das Unternehmensmodell von „Fair Planet“ ist innovativ und widmet sich vollkommen der Einhaltung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung 2030. Hierfür ist die Operative so ausgerichtet, dass die Reichweite des Unternehmens und seiner Ideale erhöht wird, damit nachhaltiges Wirtschaftswachstum, der Widerstand gegen den Klimawandel und regionale Nahrungsmittelunabhängigkeiten gefördert werden. Die Vision ist eine Welt, in der alle Landwirte die gleichen Chancen haben, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und ein Leben in Wohlstand für ihre Familien zu erreichen. Die Ziele sind, Kleinbauern in Entwicklungsländer die Möglichkeit zu geben, ihre Subsistenzlandwirtschaft in eine rentable Einkommensquelle umzuwandeln, indem sie Zugang zu hochwertigem Saatgut und technischen Geräten erhalten, die durch landwirtschaftliche Kenntnisse und Fähigkeiten unterstützt werden.
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