Auf der Grundlage der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft hat das SIMTAP-Projekt einen Prototyp („Algeneinheit“) entwickelt, der die Nebenprodukte der hydroponischen Gewächshauskulturen nutzt, um Algen zu züchten und die Aquakultur nachhaltiger zu versorgen. 

Obwohl die Aquakultur als der nachhaltigste Sektor der Tierhaltung gilt, setzt sie immer noch eine gewisse Menge an Stickstoff, Phosphor und organischen Stoffen frei. Darüber hinaus ist die Aquakultur nach wie vor auf die Produktion von Fischmehl und Fischöl angewiesen, die zu den Hauptbestandteilen von Aquafuttermitteln gehören. Da sie größtenteils durch den Fang von Fischen („Futterfischen“) gewonnen werden, wirkt sich ihre Produktion negativ auf die Bestandssicherheit der natürlichen Wildfischbestände aus und ist daher nicht mehr nachhaltig. Darüber hinaus haben die Produktion und der Transport anderer Zutaten wie Soja und Mais massive Auswirkungen auf die Flächeninanspruchnahme (häufig resultierend in der Abholzung von Wäldern) und den CO2  -Ausstoß (durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe). Ebenso benötigen Treibhauskulturen große Mengen an Wasser und Düngemitteln wie Stickstoff und Phosphor, die in die natürlichen Gewässer abgegeben werden und somit die Umwelt belasten. Vor diesem Hintergrund suchen Aquakulturbetriebe, politische Entscheidungsträger und Wissenschaftler nach einer möglichen Lösung, die im Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu finden sein könnte.

Ziel des SIMTAP-Projekts* ist die Entwicklung eines innovativen integrierten Zuchtsystems für die Produktion von Meeresfischen und -pflanzen (Halophyten). Die Idee, die dem SIMTAP-Konzept zugrunde liegt, ist die Nachahmung der natürlichen Vorgänge in marinen Ökosystemen, in denen ein sehr gut kombinierter (natürlich ausgewählter) Bestand von Organismen in einem vollkommenen Gleichgewicht entsprechend der Tragfähigkeit des Ökosystems zusammenlebt. Das bedeutet, dass sich die Organismen ein gemeinsames Umfeld teilen, ohne die Umweltressourcen übermäßig zu beanspruchen und/oder Abfälle und Schadstoffe anzuhäufen. 

Das SIMTAP-Konzept, das im Wesentlichen durch Sonnenlicht (Energie) angetrieben wird, besteht aus einer Primärproduktion von einzelligen Algen, die von mineralischen Elementen gespeist werden, in einem bestimmten Bereich des SIMTAP-Prototyps („Algeneinheit“). Neben dem Süßwasser kann auch der Abfluss aus dem Gewächshaus für das Algenwachstum gemäß dem Kreislaufkonzept genutzt werden. Im Grunde ist SIMTAP ein multitrophisches Aquaponiksystem, in dem mehrere Organismen auf Gegenseitigkeitsbasis aufgezogen werden können. Außerdem ist SIMTAP so konzipiert, dass es mit Brack- und Meerwasser betrieben werden kann.

Die produzierte Algenbiomasse stellt die Grundnahrung für die detritivoren (Schwebstofffresser) und filtrierenden Organismen (DFFO) dar, die im zweiten Abschnitt des SIMTAP-Prototyps („DFFO-Einheit“) aufgenommen werden. Bei den DFFO handelt es sich um Vielborster (Polychaeten) (z. B. Nereis diversicolor), Miesmuscheln (Mytilus galloprovincialis), Venusmuscheln, Seegurken (Holothuroidea), Garnelen (Crustacea), Seeschnecken (marine Gastropoden), usw. Diese Organismen müssen sorgfältig ausgewählt werden, um möglichst viele ökologische Nischen zu besetzen und die Biomasseproduktion der DFFO-Einheit zu maximieren. Diese Biomasse kann wiederum für die Fütterung der Meeresfische verwendet werden, die im dritten Teil des SIMTAP-Prototyps, der „Fischeinheit“, aufgezogen werden. Während der Produktion von Fisch für den Markt werden in der Fischeinheit auch Abfallstoffe wie nicht gefressenes Futter und Fäkalien (feste Schwebeabfälle) sowie Ammoniakstickstoff produziert und von den anderen Einheiten verwendet. Die suspendierten organischen Abfälle, die noch reich an Nährstoffen sind, dienen als Futter für DFFO. Ammonium ist das Endprodukt des Fischstoffwechsels und ist in geringen Konzentrationen hochgiftig. Es kann in der „Bioreaktoreinheit“ in weniger schädliches Nitrat umgewandelt werden, wo die Nitrifikation (d. h. die Oxidation von Ammonium zu Nitrat) dank der aeroben nitrifizierenden Mikroorganismen stattfindet; anschließend können Nitrat und andere gelöste Nährstoffe von den Pflanzen aufgenommen werden. Das SIMTAP-Konzept ist in Abbildung 1 dargestellt.

Die Alge als nachhaltiges Futtermittel für die Aquakultur

Abb. 1. Das Konzept von SIMTAP (Self-sufficient integrated multi-trophic aquaponic system, = Autarkes integriertes multitrophisches Aquaponiksystem)

In der SIMTAP-Anlage der Universität Pisa werden derzeit Makroalgen wie Chaetomorpha und Ulva rigida kultiviert. Unter den halophytischen Pflanzen wird Salicornia Europea zusammen mit Beta vulgaris var. cicla angebaut. Als Fischarten werden Dorade (Sparus aurata) und Europäischer Wolfsbarsch (Dicentrarchus labrax) aufgrund ihrer hohen Marktrelevanz und Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Salzgehalte verwendet. Als DFFO-Art hat sich Nereis diversicolor erfolgreich in das System eingebracht. Gleichzeitig wurde eine Chlorella-ähnliche Mikroalge in der Algeneinheit kultiviert. Derzeit laufen Versuche zur Verwendung von Wasser mit niedrigem Salzgehalt, um die Vielfalt der produzierbaren Fisch- und Pflanzenarten zu erweitern und die Produktionseffizienz des SIMTAP-Prototyps zu steigern. 

SIMTAP-Systeme, die auf denselben Prinzipien basieren, wurden bereits in Frankreich, der Türkei und Malta eingeführt. Für alle diese Systeme wurden auch Studien zur Lebenszyklusanalyse (LCA) durchgeführt, um ihre Nachhaltigkeit zu bewerten. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das SIMTAP-System in erster Linie ein Salzwasser-Aquaponic-System ist, das mit hydroponischen Gewächshauskulturen gekoppelt ist und nährstoffreiche Abwässer für die Algenproduktion liefert.

Der gesamte SIMTAP-Kreislauf führt zu Fisch- und Pflanzenprodukten für den Markt und zur Sanierung von Gewächshausabwässern. Neben diesen Vorteilen sollte auch die Verringerung des Einsatzes von Fischmehl, Fischölen und generell von Futtermitteln, deren Rohstoffe heute in Übersee produziert und importiert werden, in Betracht gezogen werden. 

*An dem internationalen Projekt SIMTAP (Self-sufficient integrated multi-trophic aquaponic systems for improving food production sustainability; www.simtap.eu), das vom Programm PRIMA (Partnership for Research & Innovation in the Mediterranean Area) finanziert und von der Universität Pisa koordiniert wird, sind die Universität Bologna, die Universität Mailand, das INRAE und das Lycée de la Mer et du Littoral (Frankreich), das Mediterranean Fisheries Research Institute (MEDFRI, Türkei), das Ministerium für Umwelt, nachhaltige Entwicklung und Klimawandel (MESDC) auf Malta und das deutsche Unternehmen Korolev beteiligt.

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